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Überarbeiteter Text |
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191.
(L. 1.)
Pergamenthandschrift
des IX. Jahrh., 163 Blätter in 2°. Holzdeckel mit weissem
Schaafleder überzogen.
1.
Bl. l—160b:
Oracio
misse secundum beatum Gregorium et Collectarius tocius anni secundum Romanam
sedem. [Sacramentarium Gregorianum (Hadrianum)]
—
so, zufolge der von späterer Hand geschriebenen, kaum mehr lesbaren
Titelangabe auf der Rückseite des hintern Deckels.
2. Bl.
160b—163:
Katalog
einer damaligen Klosterbibliothek,
beginnend :
Hec
est summa librorum qui hic habentur Hiero-nimus in esaiam uolumina. VIIII. u. s.
w., und schliessend: Sacramentorum libri. XXII. insuper. II. in. II1I.
voluminibus. lectionarii. X. undecim. II. u.
(volumina) plenarii, im Ganzen 356
Bände umfassend.
Ildefons
von Arx, der Kenner St. Gallischer Handschriften, hat dieses Denkmal bald
l000jähriger klösterlicher Schreibekunst in Folgendem näher
geschildert: “Den Codex finde ich in jeder Hinsicht vortrefflich. Das
herrlichste Pergament, die schönste Dinte, die gleiche, saubere, leserliche
Schrift in grösserer Form, wie bey liturgischen Büchern die Sache es
erheischte, die richtigen Capital und Uncialtitel und Anfangsbuchstaben, das
frisch glänzende Gold, tragen alle bey, daraus eine zierliche Handschrift
zu bilden. Es enthält das Sacramentarium Gregorii Papae ecclesiae romanae,
und stimmt mit dem, welches in den gedruckten Werken Gregorii M. gefunden wird,
ganz überein, blosz dasz bey den Votiv Messen nicht die nämliche
Ordnung beobachtet wird.
Offenbar
ist es gegen das Ende des IX. Jahrhunderts von Schreibern, die die ars lineandi
vollkommen inne hatten, verfertiget worden. Nebst dem Hauptwerke werden noch
drey andere Schriften bemerkt. Nämlich am ersten Blatte mehrere Variationes
der Oration, die vor dem Orate fratres gebethet wird und damals noch nicht wie
jetzt eine festgesetzte Form hatte. Ferner die Orationes auf dem 2. 3. 4. ersten
Blatte, und auf zwölf Blättern, welche dem Bücher Catalog
vorgehen. Drittens in dem Bücherverzeichnisse, welches zwar
grösstentheils die Bücher aufzählt, welche auch in den Catalogen
von St. Gallen und Reichenau stehen, aber doch nicht ganz die nämlichen
Bücher enthalten. Immer war diese Bibliothek zahlreich und kostbar, und
konnte nur einem groszen reichen Kloster angehören. Das ganze Buch, und
nicht einmal der Catalog verräth mit einem Ausdrucke seine Heimat.
Der
Codex ist offenbar vor vierhundert Jahren anders gebunden worden, und damals die
alten Pergamentstreifen um den Rücken geschlagen worden, die am Anfange
nach dem dritten Blatte, und am Ende vor den zwey letsten Blättern durch
den Bruch des Bundes gesehen werden. Die Schrift scheint mir die alte
römische Capital zu seyn, und wenn sie diese ist, so wären diese
Streifen ein kostbares Fragment. Ja wenn dieses Fragment den Virgil enthielt, so
wäre diese Handschrift ohne Zweifel eine St. Gallische gewesen, wohin sie
auch wegen der höchsten Aehnlichkeit der Schrift und der grossen Buchstaben
zu rufen scheint." Des J. v. Arx briefliche Mittheilung, de dato St. Gallen, den
3. Brachm. 1827, der Handschrift beigefügt.
Einem
in dem Studium St. Gallischer Handschriften geübten Auge ergibt sich in der
That eine grosse Uebereinstim-mung in Stylisirung, ornamentaler Verzierung,
Goldausfüllung und Bemalung der Initialen, sowie der übrigen Schrift
mit den
von
dem berühmten Schönschreiber Sintram zu St. Gallen geschriebenen
Werken und insbesondere mit den vom Bischof Salomo von Constanz der
Sintram'schen Handschrift des s. g. Evangelium longum, wovon ein Facsimile in
Pertz, Monumenta Germaniae II, p. 92 gegeben ist, eigenhändig
beigefügten Initialen. (“Lineandi, et capitulares literas rite
creandi prae omnibus gnarus, ut in apicibus 1. et c. longi euangelii primis
videre est. Quas episcopus, ut aiunt, probans quid in talibus adhuc posset,
lineans aurificabat". Ekkehard. IV., Casus S. Galli, cap. 2. bei Pertz 1.
c.)
Diese
unverkennbare Aehnlichkeit und die weitere Erwägung, dass der auf den
letzten Blättern enthaltene Katalog, wenn er auch mit dem unter Abt Grimald
im 9. Jahrhundert angefertigten Katalog der St. Gallischen Bibliothek, der sich
im dortigen Cod. 728 vorfindet, keineswegs identisch ist, doch in Bezug auf
Reihenfolge und System wesentlich nach der gleichen Schablone gearbeitet ist,
machen es kaum zweifelhaft, dass diese Handschrift einer in St. Gallischer
Klosterschule kalligrafisch geschulten Mönchshand des IX. Jahrhunderts
(wenn nicht einem der oben genannten Schreibekünstler selbst)
entstammt.
Vergl.
Weidmann, Geschichte der Bibliothek von St. Gallen. 1841. Beilage 2, (S. 360
ff.), “Das älteste Bücherverzeichniss aus dem 9.
Jahrhundert".
Das
Bücherverzeichnis hat Lassberg abdrucken lassen in Mone's Anzeiger, VII.
Jahrg. (1838), S. 416 ff., und im Serapeum, 1. Jahrg. (1840), S. 81 ff., wo
Weiteres. [MBK 1, 262-266 (Paul Lehmann)- Zur Frage der Lokalisierung des
Verzeichnisses - Reichenau oder Konstanz - vgl. Spilling (s.u.), S. 84-106, wo
der Reichenau der Vorzug eingeräumt wird]
[Die
Makulaturfragmente - 6 Bruchstücke eines Blatts der sog.
Konstanz-Weingartener Porphetenfragmente, 5. Jh. - wurden 1909 und 1920
abgelöst und unter der Signatur B I 3 aufbewahrt.1982 versteigert
(Sotheby’s, Manuscripts Donaueschingen 1982, lot 1). Seit 1987 in der
Schøyen Collection (Oslo u. London), dort Ms.46 (vgl. Bernhard Bischoff,
Virginia Brown, James J. John, Addenda to 'Codices Latini Antiquiores' (II), in:
Mediaeval Studies 54(1992), S. 305 (zu CLA VIII, 1174) sowie
http://www.nb.no/baser/schoyen/4/4.1/414.html#046.]
[Lit.:
Hartmut Hoffmann, Buchkunst und Königtum im ottonischen und
frühsalischen Reich, Textbd., Stuttgart 1986, S. 317f.;
“Unberechenbare Zinsen”, Nr. 3; Das Sakramentar der FFHB Cod. Don.
191, Red. Herrad Spilling, Berlin 1996 (Patrimonia 85) mit ausführlicher
Beschreibung und Analyse der kodikologischen, paläographischen,
kunsthistorischen und inhaltlichen Aspekte, 30 Farbtafeln]
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Originaltext |
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