Einsatz der französischen Flotte
Befehlshaber: Admiral François Darlan
Letztes Update: 6.Dez.2018
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Nach dem 1. Weltkrieg orientierte sich die Flottenpolitik Frankreichs vorwiegend an einem möglichen Einsatz gegen Italien.
Bei Kriegserklärung Frankreichs am 3. September 1939 bestand die Flotte aus folgenden Einheiten:

1
.Flugzeugträger
[Béarn]
 .
5+2
.Schlachtschiffe
[Richelieu und Jean Bart im Bau]
2
.Schnelle Schlachtschiffe
[Dunkerque und Strasbourg]
7
Schwere Kreuzer
.
10+2
Leichte Kreuzer
Tour D'Auvergne  [Minen~], Jeanne d'Arc [Schul~]
60
.Zerstörer.
12
.Torpedoboote.
78
.U-Boote.
Die Seeluftwaffe verfügte über 320 Träger-, Land- und Seeflugzeuge

Ab Kriegsbeginn 1939 Einsatz zum Schutz des eigenen Seehandels und der Truppentransporte von Nordafrika, Sicherung der französischen Westküste und der militärischen Bewegungen zwischen Großbritannien und Frankreich im Ärmelkanal. Weitere Aktionen:

Beteiligung an Kampfgruppen zur Jagd auf die Admiral Graf Spee im Oktober 1939 : Force L (Brest) mit dem franz. Schlachtschiff Dunkerque, dem Flugzeugträger Béarn und den Kreuzern Georges Leygues, Gloire und Montcalm; Force M (Dakar) mit den franz. Kreuzern Dupleix und Foch und die Force N (Westindien) mit dem franz. Schlachtschiff Strasbourg, dem brit. Flugzeugträger Hermes und dem brit. Kreuzer Neptune. -- Sicherung von Nordatlantikkonvois gegen mögliche Angriffe deutscher Panzer- bzw. Schlachtschiffe mit französ. Unterseebooten im Winter 1939/1940 -- Französische Hilfskreuzer brachten 1939 und 1940 mehrere deutsche Blockadebrecher auf. -- Unterstützung Großbritanniens bei Norwegenunternehmungen. -- Im Mittelmeer nach der italienischen Kriegserklärung Beschießung von kriegswichtigen Anlagen an der italienischen Riviera (15.6.1940) und der Stadt Bardia/Cyrenaika (21.6.1940).

Nach der Kapitulation Frankreichs stellte sich die Frage nach dem Schicksal seiner Flotte. Für Großbritannien war es von großer Bedeutung, daß diese Schiffe nicht in die Hände der Deutschen fielen, denn sie hätten die Schlagkraft der Kriegsmarine nach ihren Verlusten in Norwegen mehr als verdoppelt. Um die Übernehme französischer Seestreitkräfte durch Deutschland zu verhindern, ging die britische Marine offensiv gegen ihren "wackligen" Bündnispartner vor.

Britischer Vorstoß gegen die französische Mittelmeer-Flotte

Am 3. Juli 1940 erschien die Force H (VAdm. Sir J. Somerville) vor Oran. Dem Befehlshaber der französischen Mittelmeerflotte, Admiral Gensoul, wurde ein Ultimatum übermittelt, sich entweder den Briten anzuschließen, seine Schiffe zu entwaffnen oder an ihren Liegeplätzen selbst zu versenken. Gensoul weigerte sich zu antworten, machte seine Schiffe gefechtsbereit und rief weitere französische Einheiten zu Hilfe. Nach Ablauf des Ultimatums wurden die in britischen Häfen liegenden Einheiten gewaltsam besetzt und das in Mers-el-Kebir liegende Geschwader von der Force H zusammengeschossen, 1147 französische Marinesoldaten starben (Chronik, 3.7.40). Allein dem Schlachtschiff Strasbourg gelang der Ausbruch auf die offene See, er erreichte trotz britischer Verfolgung sicher Toulon. Am 7. Juli wurde das Alexandria-Geschwader (Force X) zur Abrüstung gezwungen. Ein Abkommen des Befehlshabers der franz. Force X, VAdm. Godfroy, mit Admiral Cunningham, dem Oberbefehlshaber der britischen Mittelmeerflotte, über Internierung und Demobilisierung des französischen Geschwaders in Alexandria blieb bis zum 17. Mai 1943 in Kraft.

Vorstoß gegen die Vichy-französische Flotte im Atlantik

Doch die Vichy-Besatzung in Dakar blieb für die alliierten Verbindungslinien im Mittleren Atlantik auch weiterhin eine Bedrohung. Unter dem Befehl von KAdm. Landriau in Dakar standen das Schlachtschiff Richelieu, 2 Kreuzer, 3 Zerstörer, 6 Avisos, 5 Hilfskreuzer und 3 U-Boote. In Casablanca standen unter Befehl von VAdm. Michelier das (unfertige) Schlachtschiff Jean Bart, 2 Kreuzer, 6 Zerstörer und 11 U-Boote. Deshalb sollten frei-französische Truppen – die Force M unter General de Gaulle – Dakar und das übrige Gebiet Französisch Westafrikas besetzen. Die Force M verließ England am 31. August und erreichte am 23. September Dakar. Die Hoffnung, das Unternehmen "Menace" durchführen zu können, ohne auf Widerstand der Vichy-Truppen zu stoßen, erfüllte sich nicht (Chronik, 23.-25.9.40). Als offenbar wurde, daß eine Landung nicht möglich war, wurde das Unternehmen abgebrochen.

Kampf um Syrien im Sommer 1941

Eroberung Syriens durch austral./indische und frei-französ. Truppen gegen heftigen Widerstand vichy-treuer französischer Truppen. Der franz. Marinebefehlshaber Syrien, KAdm. Gouton, unterstützt den Widerstand durch etliche Operationen zur See. (Chronik, 7.6.-14.7.41)

Forces Navales Francaises Libres

Das von den Briten im Mittelmeer statuierte Exempel löste bei der französischen Flotte große Sorge um ihren Fortbestand aus. Im August 1940 besetzten Angehörige der Marine, die sich General de Gaulle angeschlossen hatten, die in Großbritannien liegenden Einheiten der französischen Flotte und bildeten unter Admiral Muselier die Forces Navales Francaises Libres. Zu ihren Streitkräften gehörten die Schlachtschiffe Courbet(so gut wie unbrauchbar) und Paris, die Zerstörer Triomphant, Léopard, Tigre, Mistral, Ouragan, die Avisos Savorgnan-de-Brazza, Commandant-Duboc, Commandant-Dominé, Torpedoboot Melpomène und die U-Boote Rubis, Narval, Surcouf, Junon und Minerve. Mit weiteren aus amerikan. und brit. Beständen abgetretenen Einheiten (Flower Class, Cannon Class, River Class Escorts, MTB, usw.) verfügte die F.N.F.L. bis 1943 über 68 Einheiten mit 8000 Mann Besatzung. Flugzeugträger Béarn stand nicht zur Verfügung, er lag interniert in Martinique. --- Am 15. August 1943 wurde die F.N.F.L. aufgelöst und mit der französischen Restflotte verschmolzen. Bis dahin hatten die frei-französischen Schiffe sich an allen Unternehmungen gegen die französischen Kolonien und aktiv am Atlantikkrieg beteiligt. Das Unterseeboot Rubis war außerordentlich aktiv beim Auslegen von Minensperren an der westfranzösischen und norwegischen Küste, das Unterseeboot Surcouf ging im Februar 1942 bei einem Geleiteinsatz verloren, der Zerstörer Léopard war 1942 an der Vernichtung des deutschen Unterseeboots U 136 beteiligt. Die beiden Kreuzer Duquesne und Tourville nahmen bis Frühjahr 1944 von Dakar aus an mehreren Patrouillen zur Jagd auf deutsche Blockadebrecher teil. An den Landungen in der Normandie aber waren sie nicht beteiligt. Die Zerstörer Forbin und Fortuné wurden im August 1944 bei der Landung in Südfrankreich eingesetzt. Gegen Kriegsende unterstützte die Duquesne Operationen gegen die deutschen Atlantikfestungen in Frankreich.

Selbstversenkung der französischen "Vichy"-Flotte im Mittelmeer

Im Mittelmeer standen nach dem britischen Vorstoß gegen Mers-el-Kebir unter dem Befehl von Admiral de Laborde noch 3 Schlachtschiffe, 1 Flugzeug-Mutterschiff, 7 Kreuzer, 18 Großzerstörer, 12 Zerstörer, 3 Torpedoboote, 12 Avisos und 16 U-Boote  zur Verfügung. Sie versuchten im November 1942 vergeblich, die Landung der Alliierten in Nordafrika (Operation Torch) zu verhindern.

Von der deutschen Wehrmacht wurde im Anschluss an die Niederlage Admiral Darlans in Nordafrika die französische Vichy-Regierung beseitigt. Am 27. November 1942 wurde Toulon vom II. SS-Panzerkorps besetzt (Unternehmen "Lila"). Auf Befehl des Flottenchefs Admiral de Laborde versenkten sich die in Toulon liegenden französischen Kriegsschiffe selbst (Chronik, 27.11.42). Die deutsche Marine war auf Grund einer Weigerung des GAdm. Raeder an der Vernichtung nicht beteiligt.

Literaturhinweise:

Paul Auphan and Jacques Mordal: The French Navy in World War II. US Naval Institute, Annapolis (USA) 1959   Paul Auphan, Jacques Mordal: Unter der Trikolore. Kampf und Untergang der französischen Marine im 2. Weltkrieg. Oldenburg 1964
Otto Mielke: Oran und Toulon Frankreichs Flottengräber. München 1958. Hannsjörg Kowark: Hitler und die französische Flotte. Mittler: Hamburg 1999
John Jordan, Jean Moulin: French Cruisers 1922 1956. Seaforth Publishing, Barnsley 2013 Martin Thomas: After Mers-el-Kebir: The armed neutrality of the Vichy French Navy, 1940-43. In: English Historical Review (1997) pp. 643–70
John Jordan, Jean Moulin: French Destroyers: Torpilleurs d'Escadre and Contre-Torpilleurs, 1922–1956. Seaforth, Barnsley 2015