Der Radarkrieg: Funkmeß und FuMB

1942 haben die Alliierten in aller Stille ein neues Funkmeßgerät, das H2S-Panoramagerät, entwickelt, dessen 9-cm-Wellen von dem deutschen Funkmeßbeobachtungsgerät „Metox" nicht mehr erfaßt werden können. In Küstennähe von Land aus und auf See von den Trägern der sechs Support-Groups setzen sie im Mai 1943 schlagartig Flugzeuge mit dem neuen Magnetrongerät ein; auch über dem „Black Gap" im Nordatlantik, das die fetteste Weide der U-Boote war und das jetzt von VLR (Very Long Range)-Bombern kontrolliert wird. Eingewiesen vom Peilstrahl des H2S, nähern sie sich überall, wo U-Boote aufgetaucht fahren müssen, um die erschöpften Batterien wieder aufzuladen. Die Nacht oder dicke Wolkendecken bieten keinen Schutz mehr: kurzer Gleitflug — Treffer ins Ziel. Unvorbereitet und daher kampflos werden die Grauen Wölfe überrascht. In diesem Monat sterben 41 deutsche Front-U-Boote, 37 davon im Nordatlantik. Der größte Teil (21) wird das Opfer von Flugzeugen, einen Teil vernichten auch die an den oder in der Nähe von Geleitzügen operierenden, gut aufeinander eingespielten Escort-Groups, denen die neuen U-Bootbekämpfungswaffen „Hedgehog" und die Tiefwasserbombe ,,Torpex" zur Verfügung stehen. Zur gleichen Zeit fast sind auch die automatisierten Funkpeildienste an Land und an Bord der Sicherungsfahrzeuge auf breiter Ebene eingesetzt worden.

Am 24. Mai 1943, nach der Katastrophe am ONS.5, hat sich GA Dönitz entschlossen, den Geleitzugkampf bis zur Auslieferung neuer Waffen vorübergehend einzustellen. Brennstoffstarke Boote werden nach Süden abgezogen, brennstoffschwache Boote locker über den Nordatlantik verteilt. Sie sollen durch verstärkten Funkverkehr dem Gegner das Vorhandensein starker Gruppen vortäuschen. Die U-Boot-Erfolge sinken danach auf ein Minimum, doch die Verluste halten an. Im Juni sinken 17 Boote (elf davon durch Flugzeuge), im Juli sind es 37 (30) Verluste. Ende Juli glaubt man fälschlicherweise, die Ursache für die hohen U-Bootverluste liege in der Einpeilung der von den an Bord befindlichen Überlagerungsempfängern ausgestrahlten Zwischenfrequenz durch den Gegner. Das neue FuMB-Gerät „Zypern" (auch Wanze genannt) bringt aber keine Abhilfe. Selbst der völlig strahlungsfreie Detektorvorsatz FuMB 10 „Borkum" bietet im Ortungskrieg keinen Schutz, da er nur bis etwa 20-cm-Wellenlänge arbeitet. Erst die Untersuchung eines im Frühjahr bei Rotterdam abgeschossenen Feindflugzeuges weisen über das dabei gefundene versuchsweise eingebaute H2S-Gerät den Weg. Im Juni wird dasFuMB 7 „Naxos" fertig. Seine Reichweite ist mit nur fünf Kilometern viel zu gering, um Überraschungsangriffe aus der Luft auszuschließen. Die Unsicherheit bleibt. Hat der Gegner erneut neue Ortungsmethoden? Erst die im Mai/Juni 1944 eingebaute Peilkombination „Tunis" mit der Dipolantenne „Fliege" für 9-cm-Wellen und mit dem Hornstrahler „Mücke" für das neue amerikanische 3-cm-Radar verbessert mit Reichweiten bis zu 70 km die Lage.

Aber das Heft in der Hand haben die Alliierten. Der Weiterentwicklung der Radartechnologie gehört die Zukunft, die Funkmeßbeobachtung dagegen führt die Deutschen nicht mehr aus der Defensive, sie kann die Landung in Frankreich nicht abwenden und auch die alliierten Bomberströme nicht verhindern.