Seefliegerverbände

 

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges besaßen die Seeluftstreitkäfte insgesamt

16 Seeflugzeugstaffeln und 3 Trägerstaffeln.

Alle unterstanden truppendienstlich dem

 

General der Luftwaffe beim Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Gen.Maj. Hans Ritter

 

Marinegruppe West
Gen.Adm. Saalwächter
Marinegruppe Ost
Gen.Adm. Konrad Albrecht
           
Küstenfliegergruppe 106 Norderney   Küstenfliegergruppe 306 Dievenow  
1./K.Fl.Gr. 106 Norderney He115 1./K.Fl.Gr. 306 Dievenow He60
2./K.Fl.Gr. 106 Norderney Do18 2./K.Fl.Gr. 306 Dievenow Do18
3./K.Fl.Gr. 106 Borkum He59      
           
Küstenfliegergruppe 406 List   Küstenfliegergruppe 706 Kamp  
1./K.Fl.Gr. 406 List He60 1./K.Fl.Gr 706 Nest He60
2./K.Fl.Gr. 406 List Do18 2./K.Fl.Gr 606 Kamp Do18
3./K.Fl.Gr. 406 List He59      
           
1./Bo.Fl.Gr. 196 Wilh’haven Ar196 5./Bo.Fl.Gr. 196 Holtenau He60
           
      Küstenfliegergruppe 506 Pillau  
      1./K.Fl.Gr. 506 Pillau He60
      2./K.Fl.Gr. 506 Kamp Do18
      3./K.Fl.Gr. 506 Pillau He59
      3./K.Fl.Gr. 706 Dievenow He59
           
      II./Trägergeschwader 186 Holtenau  
      4./Tr.G. 186 Stolp Ju87
      5./Tr.G. 186 Brüsterort Me109
      6./Tr.G. 186 Brüsterort Me109
           

 

Am 21. August 1939 wurden die Marinefliegerverbände taktisch der Kriegsmarine unterstellt:

 

F.d.Luft (West)
F.d.Luft (Ost)
- Jever -
- Dievenow -
Gen.Maj. Hermann Bruch
Gen.Maj. Joachim Coeler

Bereits am 3. September 1939, nach der Kriegsrklärung Englands und Frankreichs, wurden die Gruppen des F.d.Luft West (zuvor F.d.Luft Ost) verstärkt. Dem neuen F.d.Luft West – die Stäbe waren ausgetauscht worden – unterstanden nunmehr bei der K.Fl.Gr. 106 (Norderney) die Staffeln 1./106, 2./106, 3./106 und die 3./706 (He59). Zur K.Fl.Gr. 306 (Hörnum) traten die 2./306, 2./506 und die 2./606. Bei der K.Fl.Gr. 406 wurden alle drei Staffeln wieder in List/Sylt zusammengezogen. Die 1./406 wurde von He60 auf He115 umgerüstet. Bis zum 16.9. wurde der K.Fl.Gr.106 (Norderney) auch noch die 3./506 (He59) zugeführt.

 

Westraum 1940-1945

 

Noch ehe die Kämpfe in Norwegen zum Abschluß gekommen waren, begann am 10. Mai 1940 im Westen der deutsche Angriff auf Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich. Das Gros der Seeflieger-Verbände blieb allerdings im Nordraum zur Sicherung der Nachschub-Geleitzüge, zur U-Bootjagd in der Nordsee, an den Ostseezugängen und vor der nowegischen Küste. Die Verbände im Westen unterstanden unterstanden 1940 den Luftflotten 2 und 3.

Luftflottenkommando 2
Küstenfliegergruppe 106  
1./K.Fl.Gr.106 He115

Bretagne

2./K.Fl.Gr.106 Do18

Bretagne

3./K.Fl.Gr.106 Do18 —> Ju88

Borkum

     
Küstenfliegergruppe 306
 
2./K.Fl.Gr.306 Do18 ?
     
Luftflottenkommando 3
Küstenfliegergruppe 606 Do17Z Brest, Cherbourg
Küstenfliegergruppe 806 Ju88 Nantes, Caen

 

 

Der Einsatz von Luftstreitkräften über See war generell stark beeinträchtigt

durch die Auseinandersetzungen zwischen dem Ob.d.L. (Göring) und dem Ob.d.M. (Raeder) um ihre Verfügungsgewalt. Zuerst ging es um das Recht auf Zuweisung von Kampfaufträgen an Marineflieger-Einheiten. Diese hatten sich nämlich nach Auffassung des Ob.d.L. auf Aufklärungs-, Geleit-, und Seenotrettungs-Aufgaben zu beschränken. Mit Umrüstung der Küstenfliegergruppen 606, 806 und 106 auf Radflugzeuge eskalierte der Streit ab Mitte 1940. Die umgerüsteten Gruppen verblieben dauerhaft unter dem Kommando des Ob.d.L. und wurden 1942 zur Auffüllung von Kampfgeschwadern bzw. zur Bildung neuer herangezogen. Ende 1940 weiteten sich die Auseinandersetzungen aus mit dem Streit um die Verfügungsgewalt über Lufttorpedos, nachdem ihr Einsatz durch den Ob.d.L. untersagt worden war. Im Januar 1941 erreichte der Ob.d.M. einen Erfolg durch die Unterstellung der I./KG.40 als Fernaufklärungs- und Kampfverband zur Unterstützung des U-Bootkrieges. Vergeblich forderte der Ob.d.L. die Rückgabe der Kampfgruppe an die Luftwaffe. Immerhin bewirkte er bei Hitler den Befehl zur Aufstellung des Stabes:

Fliegerführer Atlantik
OberstLt. Martin Harlinghausen 03.41 — 09.43
Gen.Lt. Ulrich Kessler 09.43 — 03.44

Der Fliegerführer Atlantik war dem Luftflottenkommando 3 unterstellt und führte in enger Zusammenarbeit mit dem Marinegruppenkommando West und den F.d.U. dort den Aufgabenbereich der Seeflieger. Der neue Stab wurde am 15.3.1941 gebildet und hatte Vorbildfunktion für den Einsatz der Marineluftstreitkräfte auch in den anderen Kampfräumen.

Stab Fliegerführer Atlantik  
Kampfgeschwader 40    
I./KG.40 FW200    
4./KG.40 He111 —> II./KG.40 Do217
5./KG.40 Do217
       
I./KG.1 He111    
       
Küstenfliegergruppe 606    
2./K.Fl.Gr. 606 Ju88    
3./K.Fl.Gr. 606 Ju88    
       
Küstenfliegergruppe 406    
1./K.Fl.Gr. 106 He115    
5./Bo.Fl.Gr. 196 Ar196    
1./K.Fl.Gr. 406 BV138    
2./K.Fl.Gr. 506 He115    
1./K.Fl.Gr. 906 He115    
2./K.Fl.Gr. 906 BV138    

 

Es verging kein Jahr, da waren die Verbände des Fliegerführer Atlantik durch Abgaben an andere Front-Abschnitte so geschrumpft, daß es schwer fiel, die gestellten Aufgaben noch zu erfüllen.

 

Fliegerführer Atlantik, Lannion
3./(F)123 Ju88, Me110
   
Stab Kampfgruppe 40, Bordeaux-Merignac
II../KG.40 FW200
III./KG.40 FW200
   
Stab Kampfgruppe 6, Dinard
K.Fl.Gr.106 Ju88
   
Stab Küstenfliegergruppe 406, Brest-Süd
5./B.Fl.Gr.196 Ar196

 

Im März 1944 ging der Stab des Fliegerführer Atlantik im Stab des aus Griechenland nach Angers zugeführten X. Fliegerkorps auf. Damit verschwand die einzige Seekampfflieger-Division von der Lagekarte. Der Rest der mit Seeflugzugen ausgerüsteten Staffeln blieb z.Tl. bis zur Invasion im Westen und wurde dann aufgelöst.

 

Ostsee 1940-1945

 

Dem F.d.Luft (Ost) blieben durch die Bindung der Seefliegerverbände im Westen für Handelskriegs-Operationen in der Ostsee nur wenige Flugzeuge übrig.

1./K.Fl.Gr.306 He60 / He114 Dievenow
1./K.Fl.Gr.506 He60 —> He59 Pillau
3./K.Fl.Gr.506 He59 Pillau (bis 12.09.39)
1./K.Fl.Gr.706 He60 Nest
4./ Tr.Gr.186 Ju87 Stolp

Der Luftflotte 1 unterstellte der Ob.d.L. zur Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion mit Wirkung vom 1. April 1941 den Stab eines Fliegerführers Ostsee (ObersLt. Wolfgang von Wild).

Fliegerführer Ostsee  
Küstenfliegergruppe 806 Ju88  
Seeaufklärungsgruppe 125 He114 / He60 / Ar95  
1./ Fliegergruppe196 Ar196 ab 08.41
Küstenfliegergruppe 506 Ju88 ab 09.41

Bereits am 27.10.1941 löste der Ob.d.L. den Stab Fliegerführer Ostsee wieder auf. Die K.Fl.Gr. 806 wurde nach Italien zur Luftflotte 2 verlegt, die K.Fl.Gr. 506 ging nach Westen zur Luftflotte 3 zurück und der Stab der SAGr. 125 verlegte zur Luftflotte 4 ins Schwarze Meer. Es verblieb eine in Estland stationierte Seefliegerstaffel (Hptm. Buschmann), später 1./Fl.Gr.127. Diese Staffel existierte bis Oktober 1944 im Verband der Luftflotte 1.

Der Luftflotte 6 wurde Anfang Januar 1945 ein Stab »Fliegerführer 6« zugeteilt, dem folgende Staffeln unterstellt waren:

Fliegerführer 6
Seeaufklärungsgruppe 126, Pillau  
1./SAGr.126 Berg/Rügen BV138 / Ar196 / Do18
2./SAGr.126 Pillau
3./SAGr.126 Berg/Rügen
     
Bordfliegergruppe 196 Berg/Rügen Ar196
Seenotgruppe 60   Do24

 

Den Seefliegern oblag in erster Linie die Sicherung der zahlreichen deutschen Geleitzüge von Kurland, Ostpreußen und später auch der Danziger Bucht nach Westen. Aber sie leisteten auch selbst ihren Beitrag zum Abtransport von Verwundeten und Flüchtlingen. Hierzu einige Beispiele:

Am 4.3.1945 beförderten zehn BV138 und eine Do18 zusammen 478 Frauen und Kinder aus Kamp und Nest nach Dievenow. Am folgenden Tag transportierten drei Do18 und zehn BV138 in 43 Einsätzen 1400 Frauen und Kinder sowie 87 Verwundete. Und am 6.3. flogen fünf Do18 und neun BV138 in 38 Einsätzen 218 Frauen, 498 Kinder und 15 Verwundete nach Westen.

 

Norwegen 1941-1945

 

Der Luftflotte 5 in Norwegen waren nach dem Ende der Luftschlacht um England zunächst nur schwache Fliegerverbände verblieben. Die Seefliegerstaffeln in Stavanger, Trondheim, Tromsö und Kirkenes unterstanden dem General der Luftwaffe Nordnorwegen, Gen.Lt. Hermann Bruch, dem Stab der Küstenfliegergruppe 706 und den Fliegerführern Nord (Ost), Oberst Alexander Holle, und Nord (West), OberstLt. Hermann Busch.

General der Luftwaffe Nordnorwegen
Küstenfliegergruppe 706  
1./K.Fl.Gr 406 He115  
3./K.Fl.Gr 406 BV138  
1./K.Fl.Gr 906 He115  
3./K.Fl.Gr 906 Do18  
1./SAGr. 125 BV138  
     
Fliegerführer Nord (Ost)  
3./K.Fl.Gr 406 BV138 Rest
     
Fliegerführer Nord (West)  
2./K.Fl.Gr 406 BV138  
1./Bo.Fl.Gr. 196 Ar196  

Wichtige Aufgaben erwuchsen den Luftstreitkräften in Norwegen ab Frühjahr 1942 bei der Bekämpfung der alliierten Geleitzüge nach Murmansk. Als aber am 8.11.1942 die Alliierten in Nordwestafrika landeten, wurden der Luftflotte 5 alle Bomber (KG.30) und Torpedoflugzeuge (KG.26) genommen. Auch die Zahl der Seefliegerstaffeln ging ab April 1943 zurück. Erst im November 1944 wurde das KG.26 nach Norwegen zurückverlegt mit insgesamt 81 Ju88 Bombern. Mit diesem Geschwader wurden noch mehrfach Versuche unternommen, die Bekampfung der alliierten Nordmeer-Konvois wieder aufzunehmen.

Die im Bereich der Luftflotte 5 liegenden Seefliegerstaffeln wurden im Herbst 1943 umorganisiert. Alle BV138 wurden in den Seeaufklärungsgruppen 130 und 131 zusammengefaßt.

Seeaufklärungsgruppe 130  
1./SAGr. 130 BV138  
2./SAGr. 131 Ar196 / BV222  
3./SAGr. 130 BV138  
1./Bo.Fl.Gr.196 Ar196  
     
Seeaufklärungsgruppe 131  
1./SAGr. 131 BV138  
3./SAGr. 131 BV138  

 

Eine Zusammenstellung vom 20.4.1945 erwähnt nur noch den Stab der Seeaufklärungsgruppe 130 mit den Staffeln 1./130 und 3./130.

 

Mittelmeer 1940-1944

 

Die Luftflotte 2 beteiligte sich am Kampfgeschehen im Mittelmeer ab Mitte Dezember 1940 mit Verlegung des X. Fliegerkorps nach Italien. Seeflugzeuge besaß das X. Fliegerkorps zunächst nicht. Ende April 1941 erhielt es nach der Eroberung Griechenlands einige Seenotflugzeuge und die Seeaufklärungsgruppe 126. Ein Jahr nach Ankunft deutscher Luftwaffenverbände gab es im gesamten Mittelmeerraum nur 38 deutsche Seeflugzeuge. Sie waren in Griechenland und der Ägäis stationiert und unterstanden dem Oberstleutnant Hermann Kaiser in Athen.

Seeaufklärungsgruppe 126  
1./SAGr 126 He60 / Fokker T.VIII  
2./SAGr 126 He60 / Ar196  
3./SAGr 126 He60 / Fokker T.VIII  
     
2./SAGr 125 Ar196 (nur 1942)
4./SAGr 126 Ar196 (Ersatz 2./125)

 

Im westlichen Mittelmeer standen der Luftflotte 2 außer einigen Transportflugbooten BV222 und einigen Seenotflugzeugen Do24 keine Seeflieger zur Verfügung. Zur Luftflotte 2 verlegte erst nach der Kapitulation Italien im September 1943 die

 

2./Bo.Fl.Gr.196 Ar196  

Im April 1944 war die Staffel in Venedig / San Nicolo stationiert. Sie wurde Anfang Juni nach Deutschland zurückverlegt.

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Seeflieger im Schwarzen Meer 1941-1944

 

Der Luftflotte 4, die im Südabschnitt der Ostfront operierte, waren bei Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion keine Seeflugzeuge zugeteilt worden. Als die Heeresgruppe Süd das Schwarze Meer erreichte, wurden der Luftflotte 4 für kurze Zeit 2 Einsatzstäbe zugewiesen:

Küstenfliegergruppe 506
1./K.Fl.Gr 506 Ju88
2./K.Fl.Gr 906 BV138
3./K.Fl.Gr 506 Ju88
   
Küstenfliegergruppe 906
1./K.Fl.Gr 106 He115
1./Bo.Fl.Gr. 196 Ar196

Ende September 1941 wurden diese Streitkräfte schon wieder reduziert. Ende Oktober 1941 traf aus der Ostsee der Stab der Seeaufklärungsgruppe 125 ein, dem zwei Staffeln zugeteilt wurden.

Fliegerführer Krim
Seeaufklärungsgruppe 125  
2./SAGr 125 Ar196 (nicht 1942)
3./SAGr 125 Bv138  
1./SAGr 125 Bv138 (ab 7.1942)

Die Stärke von 25 Flugzeugen veränderte sich danach kaum noch. Im Mai 1944 wurde die SAGr 125 nach Konstanza verlegt, der Stab des »Fliegerführers Krim« traf mit einem Flugboot dort ein. Zur Zeit des Abfalls Rumäniens am 23.8.1944 verfügte der »Seefliegerführer Schwarzes Meer« (Oberst Hellmut Schalke), der zugleich der Stab der SAGr 125 war, noch über die 1. und 3./125 sowie die 8. Seenotstaffel und eine Minensuchstaffel. Am 25.8.1944 verlegte der Seefliegerführer nach Varna. Mit dem Einmarsch der Roten Armee in Bulgarien verschwand der Seefliegerführer Schwarzes Meer von den Lagekarten.

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Chronik des Seekrieges
Einsatz der Luftwaffe gegen Häfen und Seeziele
Liste der Luftbilder von Schiffen und Seehäfen
in England und Frankreich in der BfZ
Verluste der Seefliegerverbände,
Januar bis Juni 1940
Einige Luftbilder von Hafenanlagen in Großbritannien