Schiff 11 / Hanonia und Ulm

Allgemein verwirrend ist die Tatsache, dass unter der Bezeichnung Schiff 11 im Frühjahr 1940 zwei verschiedene Schiffe operierten. Über die frühen Mineneinsätze von Schiff 11 schrieb Crewmitglied Dipl.Ing. F. Bangert 1974 [1]:

Schiff 11 war die estnische Prise Hanonia mit Holzladung, die bei der Stülckenwerft, Hamburg, zum getarnten Minenleger umgebaut wurde. Die Holzladung wurde durch ein Gerüst ersetzt und wieder als Holzladung getarnt. Anfang März 1940 liefen wir von Hamburg aus, übernahmen vor Cuxhaven 144 EMC und 146 Sprengbojen, liefen mit 6 Knoten unter estnischer Flagge bis in die Höhe von Antwerpen, und warfen dann in der Nacht nördlich des englischen Sperrgebietes vor Dover eine weiträumige Verseuchung. Der Erfolg soll nach B-Dienstmeldungen sehr gut gewesen sein ...

Nachgewiesene Versenkungs-Erfolg der Minensperre
Schiff 11 / Hanonia von 9.3.1940 / vor North Foreland

11.03.40
nl -D
Armor
2325 BRT
+
51.28n 02.09o
11.03.40
gr -D
Niritos
3854 BRT
=
51.25n 01.45o
12.03.40
fr -D
Rose Effeuille
0035 BRT
+
ohne Angabe
15.03.40
br -D
Melrose
1589 BRT
+
51.21n 02.19o

15.03.40

nl -M
Saba
0397 BRT
+
Caen - Ijmuiden
17.03.40
nl -D
Sint Annaland
2248 BRT
+
51.23n 02.01o
18.03.40
it -D
Tina Primo
4853 BRT
+
51.20n 01.41o
20.03.40
nl -MT
Phobos
7412 BRT
=
O/ North Goodwin LV

..., so dass wir dasselbe noch mal machen sollten. Der Kommandant, Fregattenkapitän Betzendahl, weigerte sich jedoch, mit diesem müden Schlitten nochmal zu fahren. Wir suchten uns in Hamburg ein geeignetes Schiff und fanden den Bananendampfer Ulm, der nun in 4 Tagen bei Stülcken ebenfalls zu einem getarnten Minenleger umgebaut wurde. Hierbei wurden in das Heck zwei Klappen eingeschnitten, die nach innen zu öffnen waren, das Achterschiff wurde unter Deck zum Minendeck umgebaut. Selbst im Hafen war aus der Nähe nichts zu entdecken. Die 2. Unternehmung stieg im April und hatte das Ziel, den Schiffahrtsweg Dover-Themse (etwas weiter nördlich als bei der 1. Unternehmung) wieder mit EMC und Sprengbojen zu verseuchen. Diese Sperre wurde entdeckt, als der Geleitweg wegen erneuter Verminung - diesmal offenbar durch Luftminen - gesperrt und weiter ostwärts verlegt wurde. [...]

Offizielle Darstellung der Minenunternehmung
Schiff 11 / Ulm vom 2.4.1940 / bei Smith's Knoll

KTB Seekriegsleitung, 31.3.1940, S. 235: „Schiff 11 (KKpt. Betzendahl) als getarnter norwegischer Handelsdampfer zur Minenunternehmung in den Hoofden ausgelaufen.“

KTB Seekriegsleitung, 2.4.1940: „Schiff 11 hat seine Aufgabe Minenverseuchung östlich des Feuerschiffes Smith´s Knoll durchgeführt. Ein Vordringen bis auf den Geleitzugweg war wegen Bewachung nicht möglich. Minen (90 EMC und 84 Spr.B.C.) wurden planmäßig im Ausweich- gebiet östlich Smith´s Knoll geworfen. (Siehe Kurzbericht Unternehmung Schiff 11, K.T.B. Teil B Heft V, Blatt 127).  

Nachgewiesene Versenkungs-Erfolg der Minensperre
Schiff 11 / Ulm von 2.4.1940 / östl. Smith's Knoll

08.04.40
gr -D
Okeania
4843 BRT
+
51.18n 02.04o
12.04.40
nl -M
Velocitas
0197 BRT
+
51.25n 01.50o

... Die Hanonia wurde unter neuer Besatzung als Schiff 111 wieder in Dienst gestellt. Es ist bei der Norwegenunternehmung m.W. durch Auflaufen auf einen Felsen gesunken [2]. Die Ulm wurde später offiziell Minenschiff, und ist m.W. später im Nordmeer gesunken [3].
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[1] Minenschiffe 1939-1945. Die geheimnisumwitterten Einsätze des »Mitternachtsgeschwaders« / Karl von Kutzleben, Wilhelm Schroeder, Jochen Brennecke. Köhler: Hamburg 2002, S.240
[2] Schiff 11 / Hanonia, estnischer Dampfer, gebaut 1900, 1781 BRT.
24.März: Schiff wegen geringer Geschwindigkeit (6 Knoten) a.D. gestellt und mit der Bezeichnung SCHIFF 111 zur Stülckenwerft verlegt. 27.März: Minenausrüstung usw. von SCHIFF 4 / Wandrahm übernommen. 2.April: Auf der Werft für das Unternehmen »Weserübung« als SCHIFF 111 in Dienst gestellt, jedoch wird die Handelsflagge gesetzt. 9.April: Hanonia läuft in Bergen ein, wird enttarnt und legt sofort vier Defensiv-Minensperren vor den Hafen. 11.April: In einer Schneebö beim Werfen einer doppelten Minensperre im Soerfjord auf einen Felsen gelaufen. Mit defekter Schraube kann sich das alte lecke Schiff in der Kirkebucht auf Strand setzen. 12.April: Abgedichtet und lenzgepumpt nach Bergen eingebracht. Hanonia wird a.D. gestellt, die Besatzung geht sogleich mitsamt der Ausrüstung auf den ehemals norwegischen Minenleger ULLER und VP 221. 27.April: SCHIFF 111 wird vom Prisengerichtshof Hamburg als Prise anerkannt und offiziell als Minenleger an die Hafenschutzflottille Bergen übergeben. 27. Juni: In der Verwendungsliste der Prisenschiffe taucht erstmals der Eintrag " Auf Mine gelaufen und gesunken" ( Skl A VI 3740/40 ) auf,  jedoch keine näheren Hinweise dazu. - Spätestens ab Anfang 1941 ist die HANONIA nicht mehr SCHIFF 111. 1942, 9.Juli: Die HANONIA wird als Minenlagerschiff vom Sperrzeugamt Bergen übernommen. Verbleib unbekannt.
[3] Schiff 11 / ULM, deutscher Kühldampfer, gebaut 1938, 3071 BRT .
Die ULM läuft am 31.3. erstmals zu einer Minenunternehmung auf dem Schiffahrtsweg Dover-Themse aus. Die Sperre bleibt aber offenbar erfolglos. Später soll ULM aus unbekannter Ursache im Hamburger Hafen ausgebrannt sein (Kutzleben et al., S.60). FKpt. Betzendahl übernimmt im Sommer 1940 das Kommando auf Schiff 23/ Togo. Dagegen wird die ULM erst am 25.11.1941 unter Kommando des Führers der Minenschiffe Nord, Kpt.z.S. Schönermark, wieder in Dienst gestellt. Am 25.8.1942 wird Schiff 11 / ULM nach Hinweisen der brit. Funkaufklärung südöstl. der Bäreninsel von den brit. Zerstörer Marne, Martin und Onslaught aufgegriffen und versenkt.