Württembergische Landesbibliothek: Swedenborg-Sammlung

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      Friedrich Hölderlin (1770-1843)

      Sattler, Dietrich Eberhard
      Dossier : Frankfurter Hölderlin-Ausgabe.
      2. Dokumete 1972-1974 / herausgegeben von D. E. Sattler
      In: Text-kritische Beiträge. H. 2. Datum 1. - 1996. - S. 143-172.
        Darin: 32-34. 12. August: [Brief] an Holle Ganzer [von D. E. Sattler]
        Holle Ganzer promovierte 1976 an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit
        Hölderlins Ode 'Chiron'.

        ... In Winterthur habe ich Ihnen gegenüber das Verhältnis auf die mythisierende Formel gebracht, Hegel sei, in Bezug auf das Heilige, Aegypter, Schelling Assyrer. Diese Signatur hat Hölderlin vielleicht erkannt, sie deckt sich, nebenbei gesagt, mit der von Ihnen mitgeteilten Heideggerschen Fixierung von antagonistischen Systemen des Wahren und der Liebe. Beiden wäre jedoch vom Kontinuum des Heiligen aus betrachtet, der systematische Zugriff a priori fremd, so fremd vielleicht, wie Swedenborgs Himmelssystem dem eigenen Inhalt. Das Problem ist aus diesem Blickwinkel also keine philologische oder philosophiegeschichtliche Einzelfrage, sondern eine Figur der Entscheidung, die schon darin liegt, sie als existent zu denken oder nicht. Swedenborg habe ich erwähnt, weil ich hier einen Schlüssel für Hölderlins Denken und Emblematik sehe. Mehrfach definiert Swedenborg die Figuren Aegyptens und Assurs als Abbilder szientifischer und priesterlicher Abweichung des Geistes. Genau in diesem Sinn setzt Hölderlin die "Aegypterin" im Entwurf "und mitzufühlen das Leben" ...
        Ein anderes, gleichfalls bei Swedenborg zentrales Begriffspaar, "Sonne und Mond" bezeichnet in "Das Nächste Beste" die Trennung schlechthin...

          Gut ist, das gesetzt ist. Aber Eines
          Das ficht uns an. Anhang, der bringt uns fast
          Um heiligen Geist. Barbaren
          Auch leben, wo allein herrschet Sonne
          Und Mond. Gott aber
          Hält uns, wenn zu sehn ist einer, der wolle
          Umkehren mein Vaterland."
        Die Disjunktion von Sonne und Mond wirkt, gegen das sonst streng gewahrte Formgesetz bis in den Hiatus mitten im Vers. Dagegen zeichnet der letzte Brief des "Hyperion" die Konstellation von "Sonne und Mond" an einem Himmel im Zwielicht. Der Begriff des Obskuren genügt für gewöhnlich, um jene Denkbewegung zu disqualifizieren. Hölderlin gesteht freimütig das Element der Dämmerung. Im realen Apeiron blüht die Vision, gelegentlich, aber ihr Gegenstand ist keine Utopie. Die verheißene Verbindung zwischen Aegypten und Assur, von der die Propheten nach aller Schreckensprophezeiung sprechen, ist von solchen aufgegeben, die ihre geistige Realisation beschworen haben.