Verbesserte U-Boottechnik und U-Bootwaffen

Verbesserungen im U-Bootkrieg erhofft man auch durch eine Verstärkung der U-Boot-Flak, die der Anbau eines „Wintergartens" an die Turmbrücke ermöglicht. Doch muß die U-Bootführung bald erkennen, daß auf diesem Weg die alte Kampfkraft der Boote bewährter Typen nicht zurückzugewinnen ist. Die massierte Flak nutzt nur hier und dort, oft nur bedingt und mit schrecklichen Folgen; so im Oktober beim Angriff auf die Konvois ON 206 und ONS 20: Um die in der Nähe der beiden Geleitzüge verstreuten Boote heranzubringen, gibt Dönitz den FT-Befehl, sich den Weg gegen die starke Luftsicherung aufgetaucht mit der Flak freizuschießen. U 844, U 964 und U 470 schießen zwar eine „Liberator" ab und beschädigen eine andere, werden jedoch selbst nacheinander versenkt. Nur U 426 kommt an ONS 20 heran und versenkt einen Frachter. Bei Angriffsversuchen weiterer Boote, die durch die starke Luftsicherung immer wieder abgedrängt werden, gehen noch drei Boote verloren, während der Feind nur noch ein Flugzeug verliert. Dieses eine Beispiel mag genügen.

Eine nachhaltige Verbesserung der Lage verspricht der Luftmast mit dem Suggestivnamen „Schnorchel", den die Holländer zur Durchlüftung ihrer U-Boote in der kolonialen Tropenfahrt benutzt hatten. Es ist wiederum Helmuth Walter, der diese Idee im Frühjahr 1943 aufgreift, damit U-Boote mit einem Schnorchel als Frischluft- und Auspuffrohr auch bei Unterwassermarsch mit Dieselantrieb fahren können. Das Problem, den Schnorchelkopf auch bei Seegang funktionsfähig zu halten, wird ebenso gelöst wie die Schwierigkeit, den anfangs starren und dann umklappbaren Schnorchel gleich dem Sehrohr ein- und ausfahrfähig einzubauen. Auch für die in ihrer Turbinenfahrt begrenzten Walter-U-Boote ist der Schnorchel ein Geschenk. Bereits im Juni 1943 liegt die erste Versuchsausführung vor, aber erst im September kann ein klappbarer Schnorchel auf den VII C-Booten U 235 bis U 237 eingebaut und mit Erfolg erprobt werden.

Die Front aber ist mit Recht skeptisch: Schneidet der Schnorchel bei Seegang unter — etwa bei Unaufmerksamkeit beim Tiefenrudergänger — schließt sich automatisch das Schwimmerventil am Schnorchelkopf. Der Diesel reißt dann die Luft aus dem Innenraum des Bootes. Der Zustand im Boot ist in solch einem Moment fast so schlimm, wie wenn ein Mensch in einer Sekunde von null auf 4000 bis 5000 m Höhe geschleudert wird: Den Männern drohen die wahnsinnig schmerzenden Trommelfelle zu zerreißen. Ohnmachtsanfälle stellen sich ein. Noch übler sind Qualmeinbrüche, wenn die Mannschaft nicht ganz exakt zusammen arbeitet. Wird nämlich eines der Abgasleitungsventile nicht rechtzeitig beim Anlassen der Motoren geöffnet, dringen die CO2-Abgase ins Boot. Mehrmaliges Abwürgen des Dieselmotors kann zu Todesfällen führen. So setzt sich denn der Schnorchel, dessen Betrieb mit einer eingefahrenen Besatzung nicht mehr schwierig ist, erst allmählich durch, auch technisch, denn Schnorchelanlagen bleiben bis Mitte 1944 ein Engpaß. Dann aber melden schnorchelbetriebene U-Boote in zunehmendem Maße Erfolge gerade in den Seegebieten, die bei den Briten bislang als sicher vor U-Booten galten.

Große Hoffnungen setzen die U-Boot-Männer auf die neuen Torpedos, auf den LUT, der unabhängig von der Angriffslage des U-Bootes schleifenförmig die See abharken kann, und auf den G7 ES „Zaunkönig" (T- 5), der im Herbst 1943 einsatzbereit ist. Der T-5 ist ein Torpedo, der sich Ziele mit Geschwindigkeiten von 10 bis 18 kn, also sogar Geleitschiffe, selbst sucht, indem er auf deren Schraubengeräusche anspricht. Die Erfolgsmeldungen gegen die ersten Konvois ON.202 und ONS.8 stimmen trotz der zwei Eigenverluste den BdU optimistisch: Außer vier Frachtern sind zwölf Geleitschiffe sicherlich und drei wahrscheinlich versenkt worden. In Wahrheit detonieren die meisten der 24 auf die Geleitschiffe geschossenen T-5 jedoch wirkungslos im Kielwasser, oder sie gehen fehl. Nur vier treffen ihre Ziele, von denen die Fregatte „Lagan" noch schwer beschädigt überlebt. Doch die Überschätzung der T 5-Wirkung darf nicht als Leichtfertigkeit ausgelegt werden. Die U-Boote müssen nach einem T-5-Schuß sofort tauchen und können den Erfolg optisch nicht beobachten. Man horcht die Detonationen und ist vom Verlust des beschossenen Schiffes überzeugt. Ähnlich steht es in den Folgemonaten um die Konvois, bei denen der Gegner auf den Geleitschiffen „Foxer" genannte Geräuschbojen im Kielwasser fährt, die den akustischen Zielsuchtorpedo einfach ablenken.

Ob mit Flakabwehr oder mit Wegtauchen, im wesentlichen werden die U-Boote von den Geleitzügen abgedrängt, oder die Konvois umgehen erfolgreich die ihnen mitgeteilten Aufstellungen. Die Hoffnung, wieder Geleitzugschlachten im Nordatlantik führen zu können, erfüllt sich nicht. Möglicherweise hat es der Schnorchel noch einmal möglich gemacht, daß aus den Seegebieten um England und den Küstenvorfeldern der USA, auch aus dem Nordatlantik, 1945 wieder vermehrt Versenkungen gemeldet werden (Januar 54.00 BRT, Februar 43.904, März 40.046, April 86.427), doch als die deutsche Wehrmacht am 7. Mai 1945 kapituliert, sind von den 1174 in Dienst gestellten U-Booten 781 verloren gegangen, 721 davon durch Feindeinwirkungen an der Front. Dabei betrug die durchschnittliche Überlebensdauer eines U-Bootes und seiner Besatzung in den letzten zweieinhalb Jahren gerade noch drei Wochen.