Rellingen, 14. Mai 2002

Sehr geehrter Herr Weis,
erlauben Sie mir bitte, dass ich Sie auf einige kleine Unstimmigkeiten in der "Chronik des
Seekrieges" aufmerksam mache. Für mich stellen sich die Ereignisse dieser Tage wie folgt dar:

7.- 9. Januar 1940
Nordsee

 

Hilfsminensucher läuft auf Undine zu
Aufnahme: Kptlt. Gebauer

Am 7. Januar 1940 gegen 11.00 Uhr greift das britische U-Boot UNDINE (05.10.1937 / 540 ts) die 2. Rotte der 12. Minensuchflottille, bestehend aus den Minensuchbooten M 1204 (ANNA BUSSE = PG 516, F. Busse) und M 1207 (FRISIA = BX 251, N. Ebeling KG) ca. 10 sm westlich Helgoland an und schießt einen Torpedo auf M 1204. Das Minensuchboot weicht aus. Anschließend wird das U-Boot mit Wasserbomben bekämpft. Es muß nach mehreren Wasserbombenangriffen beschädigt auftauchen und wird von den Minensuchbooten mit Artillerie beschossen. Die gesamte Besatzung des U-Bootes (drei Offiziere und 26 Mann) gehen von Bord. Das U-Boot läuft stark achterlastig über Wasser mit 6 kn und hart Steuerbord-Ruder weiter, Schleppversuche mißlingen. Der mit dem Minensuchboot M 1201 (HARVESTEHUDE = HH 257, Hochseefischerei Hamburg Andersen & Co. KG) hinzugekommene Flottillenchef Kapitänleutnant Petzel birgt persönlich die Geheimsachen aus dem Funkraum des U-Bootes. Als daraufhin die Maschinen des U-Bootes vom Führerbootkommandanten Oberleutnant z. S. Grau und einen Maschinisten gestoppt werden, sinkt die UNDINE.
Bergungsmaßnahmen am gesunkenen britischen U-Boot UNDINE werden sofort eingeleitet. Außerdem wird strengste Geheimhaltung befohlen. In einer Bewertung dieses Ereignisses durch die Skl. heißt es: "Mit der Versenkung dieses U-Bootes erzielt die deutschen Kriegsmarine den ersten greifbaren U-Jagderfolg. Dieser ist umso notwendiger, als sich bei der bisherigen völligen Ergebnislosigkeit der U-Bootsbekämpfung schon berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit der U-Bootsabwehr einstellen."

Schon wenige Tage später, am 9. Januar 1940 wird 40 sm nordwestlich von Helgoland das britische U-Boot STARFISH (14.03.1933 / 640 ts) vom deutschen Minensuchboot M 7 (29.09.1937 / 874 t) versenkt. Das Boot will den Minensucher auf der Position 55.00 N / 07.10 E angreifen, wird aber bereits vor einer Sehrohrsichtung mit dem S-Gerät geortet und vom Minensuchboot seinerseits mit Wasserbomben angegriffen. Auch die beschädigte STARFISH muß, nachdem sie längere Zeit am Grund gelegen hat, auftauchen. Nach der Übernahme der Besatzung sinkt das U-Boot.

Nach diesem Erfolg hofft die deutsche Skl., daß die Briten von der Gefährlichkeit der U-Bootsoperationen in der Deutschen Bucht überzeugt sein werden und sich zurückziehen. Tatsächlich werden die britischen U-Bootsoperationen in der Deutschen Bucht nach dem Verlust von drei U-Booten eingestellt, die Boote dürfen ohne besondere Gründe nicht mehr östlich der deutschen Minensperren operieren.

Aufgrund der deutschen Bekanntgabe über die Versenkung von zwei britischen U-Booten gibt die britische Admiralität am 16. Januar 1940 den Verlust der U-Boote UNDINE, STARFISH und SEAHORSE (15.11.1932 / 640 ts) bekannt. Alle drei seien mit besonders gefährlichen Aufgaben betraut gewesen. Hieraus wird auf deutscher Seite geschlossen, daß auch SEAHORSE in der Deutschen Bucht eingesetzt war und daß es sich hier um eine der vom BSN als sehr wahrscheinlich gemeldeten Versenkungen handelt.

Nach einer Meldung der Gruppe West erfolgt die Vernichtung der SEAHORSE bereits am 29. Dezember 1939 durch den SPERRBRECHER IV (OAKLAND). Der Sperrbrecher sichtet zwischen 16.00 und 17.00 Uhr zwischen Elbe und Weser südöstlich Helgoland ein Sehrohr (zwei feindliche U-Boote lt. KTB 29.12.) und rammt nach mehreren Kursänderungen mit der ausgefahrenen Bugspier ein Unterwasserhindernis derart, daß die Spier abbricht und ein Ölfleck beobachtet wird. Die U-Jagd wird anschließend durch die stürmische Wetterlage verhindert. Ruge und Rohwer/Hümmelchen schreiben die Vernichtung der SEAHORSE einem Wasserbombenangriff der 1. Minensuchflottille am 7. Januar 1940 zu, wobei Ruge zusätzlich bemerkt, daß diese ihren Erfolg nicht genau hat feststellen können.

Quellen:

British Vessels Lost At Sea 1939 - 1945, 1977 Cambridge, S. 5
...........(SEAHORSE 10.01., UNDINE 15.01., STARFISH 20.01.)
Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939 - 1945, Band 4, Dezember 1939, 1988 Herford, S. 220
Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939 - 1945, Band 5, Januar 1940, 1988 Herford, S. 42-43, 55, 124, 157
..........(SPERRBRECHER 5)
Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939 - 1945, Band 4, Dezember 1939, 1988 Herford, S. 220
Lenton, H. T. u. Colledge, J. J. - British Warship Losses of World War II,1964 London, S. 17, 19
Rohwer, J. u. Hümmelchen, G. - Chronik des Seekrieges 1939 - 1945, 1968 Oldenburg, S. 29
Rohwer, J. u. Hümmelchen, G. - Chronology of the War at Sea, Volume 1, 1972 London, S. 17
Rohwer, J. u. Hümmelchen, G. - Chronology of the War at Sea 1939 - 1945, 1992 London, S. 11
Rohwer, J. - Alliierte U-Bootsangriffe im Zweiten Weltkrieg (...), 1997 Bonn, S. 47
Roskill, S. W. - The War At Sea 1939 - 1945, Volume I, The Defensive, 1954 London, S. 148
Ruge, F. - Im Küstenvorfeld, 1974 München, S. 45-46

Hans-Jürgen Heise, Rellingen
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